Denn nach dem Motto „Gelegenheit macht Diebe“ wird selbst Anfängern schnell klar, dass es in kaum einer anderen sportlichen Disziplin so viele Möglichkeiten gibt, sich leichte Vorteile zu verschaffen.
Dabei sind die Profis natürlich nicht nur bei den Schlägen um Einiges versierter. Sie legen nach allen Regeln der Kunst die selbigen für sich aus. Aber auch Hobbygolfer werden immer kreativer bei der Anwendung der Regeln und das aus vielen Gründen. Ob es die verlockenden Preise bei Turnieren sind, der eigene übertriebene Ehrgeiz, mangelnde Anerkennung oder das Handicap, das unbedingt verteidigt, verbessert oder aus strategischen Gründen verschlechtert werden soll.
Vorteile kann man sich beim Golfen generell entweder direkt beim Spielen oder noch direkter beim Zählen bzw. beim Eintragen auf der Scorekarte verschaffen. Ein fast verlorener Ball kann schnell und sicher mit einem zweiten Ball durch das Hosenbein ins Spiel gebracht werden. Gerne werden auch fremde Bälle als die eigenen deklariert. Wenn kein besser positionierter Ball zu finden ist, kann der Richtige zumindest besser platziert werden.
Ein womöglich im Wasserhindernis versunkener Ball wird einfach nach dem Hindernis gedroppt, anstatt davor. Ein Ball im Aus wird weitergespielt, für den Schwung störende Pflanzen niedergetreten oder die Markierung für den Ball auf dem Grün in eine bessere Position gebracht.
Der Fantasie sind bei der Auslegung der Regeln kaum Grenzen gesetzt und sofern es die Mitspieler nicht mitbekommen, drohen auch keine Sanktionen. Aber auch für regelkundige Mitspieler findet sich stets die passende verbale Einleitung, die es schwer macht, auf der „kleinlichen“ Einhaltung der Regeln zu bestehen. So hört man nach einem Luftschlag nicht selten die Ankündigung „Probeschlag“ oder „den mach ich nochmal“. Bei Bällen, die sich im Aus befinden, wird gerne weitergespielt mit dem Kommentar, dass der ja noch gerade mal gut war oder wenn der Ball nicht zu finden ist, vernimmt man: „ich drop‘ dann eben mal hier“.
Wer will bei einer harmonischen Runde jetzt die Regeln „so eng“ auslegen, weil wohlmöglich bei einer wirklich zweifelhaften Situation im eigenen Spiel, dann auch gegen einen entschieden werden würde? Zumal eine Auseinandersetzung der Stimmung auf dem Flight nicht unbedingt zuträglich wäre. Doch richtig viele Schläge gutmachen, kann man vor allem auf der Zählkarte. Gerne werden kleine Fehlschläge vergessen oder einfach eine niedrigere Zahl angesagt. Irrt sich der Mitspieler zu den eigenen Gunsten, wird dies gerne kommentarlos angenommen. Noch dreister ist es allerdings, wenn mit Absicht falsch eingetragen wird, um beim Vergleichen der Scorekarten Abweichungen bei einem Spieler durch Anpassungen beim anderen zu verhandeln.
Doch gerade weil die Möglichkeiten zum Schummeln beim Golfen so vielfältig sind, hat das Wort Ehre seit Bestehen der Sportart so ein groβes Gewicht. Nach Golferlegende Arnold Palmer ist Golf gar eine Art Selbstprüfung, bei der wir uns Vergnügen.